"Ich liebe lieber leise, die Welt ist laut genug" // Die Oldenburger Band "Nebelbild" im Interview

11.10.16

Nebelbild auf der Bühne. Drei Poet*innen an ihren Instrumenten. Foto: Katrin Truhart.
Passend zur aktuellen Jahreszeit haben die drei Oldenburger Musiker*innen von Nebenbild ein Album aufgenommen, das nach Herbstspaziergängen und goldenen Sonnenstrahlen durch entlaubte Bäume klingt. Tiefsinnig-melancholische Texte, die sich mit zarten Melodien zu einem poetischen Gesamtbild zusammenfügen.

"Ich bin so weit oben auf dem großen Balkon dieser Welt. Ich tanze auf der Brüstung, ohne Angst zu fallen und ohne dass mich jemand hält."


Nebelbild, das sind zum einen Lars, Katrin und Hauke, die schon seit einiger Zeit zusammen auf der Bühne stehen, zum anderen ist das auch das erste Album der Oldenburger Band, das sie am Freitag in der Flänzburch vorstellen werden.

Und damit ihr euch schon vor dem Konzert ein Bild von Nebenbild machen könnt, lasse ich die drei Bandmitglieder in einem klitzekleinen Interview für euch zu Wort kommen.





Hallo ihr drei! Gleich vorneweg die Art von Frage, die alle Bands hassen und die doch immer gestellt werden muss: Wie seid ihr auf den Namen Nebelbild gekommen?



Lars: Ach, ich finde die Frage gar nicht so doof (lacht). Also, das Projekt gibt es unter dem Namen schon etwas länger. Ich habe vor 4 Jahren angefangen zusammen mit Janne Rath, die heute nicht mehr dabei ist, deutsche Texte zu schreiben und zu vertonen. Damals kamen wir auf Nebelbild. Das Schöne ist, dass wir jetzt, wo wir als richtige Band zusammengewachsen sind, diesen Namen umso mehr mit Leben füllen und sogar das Debut-Album so genannt haben.



Katrin: Ja, Den Namen gab es also schon, als Hauke und ich dazu gekommen sind. Ehrlich gesagt bin ich darüber ganz froh, weil ich die Wahl eines guten Bandnamens immer schwierig finde. Umso schöner, dass der Name immer noch gut passt. Er passt zu den Texten und der Musik: wir zeichnen Bilder, Konturen, aber kaum klare Linien. Jede*r sieht und hört ein bisschen was anderes darin.



Nebelbild waren vor Kurzem auch auf der freifeld»jurten-Bühne. Foto: Janina Leyk.

Wie lange seid ihr als Band schon zusammen und wie seid ihr alle zum gemeinsamen Musikmachen gekommen?


Lars: Als Band sind wir jetzt seit etwa einem Jahr zusammen. Hauke und ich kennen uns schon aus anderen Bandprojekten. Mit Katrin habe ich vor ewigen Jahren sogar mal zusammen Musik studiert, aber es hat lange gedauert bis wir in einer Band gelandet sind.



Katrin: Genauso wie Hauke habe ich vorher schon hin und wieder als Gastmusikerin bei Nebelbild gespielt. So ist die Band dann auch entstanden: aus einem spontanen gemeinsamen Auftritt bei Freunden im Wohnzimmer.



"Und wir rennen, reißen Mauern ein, die wir dann selber wieder aufbauen."




Habt ihr innerhalb der Band eine klare Aufgabenteilung?



Lars: Nein, wir haben zwar sowohl musikalisch als auch drumherum unsere Spezialgebiete, aber eine ganz klare Aufgabenteilung gibt es nicht. Das merkt man auch auf der Bühne, da werden dann auch gerne mal Instrumente durchgetauscht (lacht).



Das Cover vom Debutalbum Nebelbild. Design: Sabrina Krämer.





Am Freitag präsentiert ihr dem Oldenburger Publikum euer Debut-Album. Wie lange habt ihr an der Scheibe gebastelt?



Lars: Aufgenommen haben wir schon im Frühjahr. Aber wir sind alle auch neben der Band vielbeschäftigt und deswegen hat das dann doch noch ein bisschen gedauert. Geholfen hat uns dabei Alex Pojda, der mit uns dieses Experiment gewagt hat. Wir waren nämlich nicht in einem klassischen Studio, sondern haben das Album bei meiner Tante auf dem Land aufgenommen. Sie wohnt direkt am Waldrand und hat ein großartig klingendes Kaminzimmer. Das war eine spannende Zeit.



Katrin: Ja, die meisten Aufnahmen haben wir im April gemacht. Da waren einige Songs noch ganz neu und erst halb fertig und die Band erst ein halbes Jahr alt. Bis zum Release hat es jetzt nochmal ein halbes Jahr gedauert und wir sind sehr glücklich mit dem Ergebnis.



Lars: Wir sind definitiv musikalisch und als Band extrem an dem Projekt „Wir machen ein Album“ gewachsen und freuen uns jetzt schon fast auf das Zweite, um da dann nochmal anders arbeiten zu können. 



"Es gibt tausend gute Gründe, sich jetzt hier zu verlieren."



Worum geht es in euren Songs?



Katrin: Eine gute Frage, die am besten jede*r Zuhörer*in für sich beantworten kann. Die Texte sind eine Mischung aus Situationen und Emotionen, die beschrieben und benannt werden, und Leerstellen, die jede*r für sich füllen oder offen lassen kann.



Lars: Wir beobachten viel. Meistens sind es Motive aus dem Alltag, die wir dann versuchen zu abstrahieren und ihnen mehrere Bedeutungsebenen zu geben. Zu vielen unserer Songs gibt es verschiedene Interpretationsansätze. Das macht die Sache interessant. Da kann gerne mal ein und derselbe Song politisch oder auch ganz persönlich verstanden werden. Dabei ist es schon alles recht melancholisch. Es geht viel um Verlust, Wut und Trauer, aber auch um Hoffnung und meistens um Widersprüche.





Wo kann man eure Musik am besten hören? Beim Frühstücken? Im Auto? Oder abends in der Badewanne?



Lars: Egal wo, gerne mit Kopfhörern. Wir würden sagen, es ist auf jeden Fall Zuhörmusik. Und am allerliebsten ist es uns natürlich, wenn Menschen zu unseren Konzerten kommen.



Verschwommen und unfassbar wie ihre Musik: Hauke, Katrin und Lars von Nebelbild. Bild: Nebelbild.



Beim Hören des Albums hatte ich immer die Natur vor Augen - vielleicht weil ihr im Video zu "Schwerelos" auf Holzkisten im Wald sitzt, im Hintergrund Vogelgezwitscher. Würdet ihr euch als sehr naturverbunden bezeichnen? Und wenn ja, wie zeigt sich das in eurer Musik?



Hauke: Wir haben in den Nebelbild-Anfängen viel mit elektronischen Instrumenten und Loops experimentiert, um mit zwei Musikern einen möglichst dichten Sound auf die Bühne zu bringen. Das hatte jedoch zum Nachteil, dass die Songs unflexibel wurden und technische Abläufe viel Arbeitsspeicher im Kopf beim Spielen auf der Bühne eingenommen haben

Mit Katrin kam dann die "akustische Wende", wir wollten unsere Songs wieder komplett akustisch spielen können und die Abhängigkeit von technischen Gegebenheiten und funktionierenden Geräten minimieren.
Insofern sind wir was unseren Sound anbelangt schon sehr "naturverbunden", wenn man akustische Instrumente als Natur bzw. als natürlicher definiert.

Es ist ein großartiges Gefühl, seine Instrumente an verschiedene Orte mitzunehmen und beispielsweise im Wald Musik machen zu können. Oder Orte in ihrem Klang zu erfassen und diesen Klang in das Songwriting einzubinden. Einige unserer schönsten Spielerlebnisse hatten wir tatsächlich ganz "naturverbunden" ohne jegliche Elektrik...  





Welche Bands oder Musiker*innen inspirieren euch? Beziehungsweise: Was hört ihr privat?



Hauke: Wir sind alle in unseren Musikhörgewohnheiten recht breit aufgestellt, was dem Schreiben und Arrangieren von Songs sicherlich zugute kommt. Mich persönlich inspiriert komplizierte Musik, die einfach klingt. Der Schweizer Nik Bärtsch arbeitet in seinen Kompositionen mit wenigen, eher minimalistischen Motiven unterschiedlichster Bezüge, die dann - teilweise polyrhythmisch - kombiniert werden und sich auf sehr interessante Art und Weise überlagern. Jeder Musiker ist Teil eines Getriebes, das auf wundersame Weise ineinandergreift - dieser Musik zu lauschen und sie zu analysieren bereitet mir große Freude.

Vielleicht lassen sich derlei rhythmische "Spielereien" in Zukunft auch verstärkt in das Songwriting von Nebelbild implementieren.



Katrin: Es ist unterschiedlich, was ich höre. Oft gefallen mir kleine Dinge an Liedern: ein guter Text, ein schicker Bläsersatz, ein überraschendes Instrument. Und oft genieße ich es auch, keine Musik zu hören.



"Sag es jetzt und sag es laut."



Worauf freut ihr euch am meisten beim Release-Konzert?



Lars: Es gibt ein paar Menschen die sich seit Jahren ein Nebelbild-Album wünschen; denen das in die Hand drücken zu können (lacht).



Hauke: Ich freue mich auf drei ganz unterschiedliche Konzerte an drei aufeinander folgenden Tagen und darauf, mit der Band unterwegs zu sein und nach den Konzerten mit dem Publikum in Kontakt zu treten. Ich bin zudem sehr gespannt auf Feedback zu unserem Album.



Katrin: Erstmal auf den Moment davor, wenn die CDs ankommen. Ich kann mir das noch gar nicht richtig vorstellen.



Danke, Katrin, Lars und Hauke für das schöne Interview. Ich freue mich mit euch auf Freitag!

Wenn ihr auch zum Release-Konzert kommen wollt, um euch den Sound von Nebelbild in live und farbe anhören zu können, hier die Fakten:

14. Oktober 2016
20.00 Uhr
Flänzburch (Friedensplatz 2)
Eintritt: 5-10€ (jeder gibt, was er kann)  

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