Wie lebt es sich vegan? Ein Interview mit Livia // Oldenbürger/innen

24.8.16


Wenn ihr meine Blogbeiträge regelmäßig gelesen habt, dürfte euch der Name Livia bekannt vorkommen. Sie ist nämlich nicht nur meine Freundin sondern auch die Haus- und Hoffotografin von Der Oldenburg Blog und hat zum Beispiel den Bericht über Käthe Kaffee fotografisch begleitet oder beim Post zu "Unverpackt in Oldenburg" mitgearbeitet.

Und Livia ist auch der Grund weshalb ich neuerdings Inhaltsstofflisten studiere bevor ich etwas für den Mädelsabend kaufe und meinen Badezimmerschrank auf Naturkosmetik umgestellt habe. Und obwohl ich schon seit Monaten mit ihr meine Ideen für den Blog bequatsche und weiterentwickle, bin ich jetzt erst auf den Gedanken gekommen, sie euch vorzustellen.

Aber wieso sollte nur ich davon profitieren, Infos über vegane Ernährung aus erster Hand zu erhalten? Eben. Also habe ich Livia für euch noch einmal so richtig ausgequetscht über das Wie, Wieso und Womit des veganen Lebens. Und als kleinen Bonus gibt es am Ende des Interviews ihr liebstes Gericht für euch zum Nachkochen.

Livia, erzähls doch noch mal von Anfang an. Wann und wieso bist du Veganerin geworden?
Die Idee kam Anfang 2014 bei mir auf. Da habe ich ja schon lange flexitarisch gelebt und mir vorgenommen, mich in der Fastenzeit vegan zu ernähren. Hundertprozentig hat das nicht geklappt. Meinen Kaffee habe ich nämlich weiterhin mit Kuhmilch getrunken. Bei Sojamilch hatte ich leider das Problem, dass die im Kaffee so krisselig wurde, bis mir jemand den Tipp gegeben hat, die Milch vorher zu erhitzen.

Livias Baum-Tattoo symbolisiert übrigens ihre Naturverbundenheit und hat nicht zufällig eine V-förmige Krone ;)

Und was war dann der Stein des Anstoßes auch über die Fastenzeit heinaus komplett vegan zu leben?
Nach der veganen Phase und dem ersten Ausprobieren war ich zwei Wochen mit Freunden in Ghana und habe dort auch Fleisch und Fisch gegessen. Die Idee ging mir jedoch nicht mehr aus dem Kopf. Als ich dann zurück nach Deutschland gekommen bin, habe ich mir in einem Bahnhofskiosk ein veganes Magazin gekauft - eigentlich war ich ja nur auf der Suche nach einer Kochzeitschrift. So habe ich mich dann auch ganz intensiv mit der Sache beschäftigt und für mich gab es ab da kein Zurück mehr.

Wie hat dein Umfeld auf diese Entscheidung reagiert?
Unterschiedlich. Mein Vater hatte zum Beispiel kein Verständnis dafür und ich habe viel mit ihm darüber diskutiert. Meine Mutter war dagegen sehr offen fürs Vegane und ist selbst schnell von Naturjoghurt auf Sojajoghurt umgestiegen. Weil ich zu der Zeit bei meinen Eltern gewohnt habe und viel gekocht habe, kamen sie sowieso oft mit veganem Essen in Berührung.
Mein Studienumfeld hat sehr interessiert reagiert, auch wenn ich trotzdem als Veganerin oft die Außenseiterin war. Bei den Pfadfindern, wo ich mich engagiere, ist der Anteil der Vegetarier und Veganer allerdings höher und ich konnte mich dort mit anderen austauschen.


Eine Leidenschaft fürs Kochen empfiehlt sich, wenn man vegan leben möchte. Oder zumindest die Freude am Schnibbeln.
Welche Schwierigkeiten hattest du am Anfang beziehungsweise wie hast du dich auf die Ernährungsumstellung vorbereitet?
Meine Vorbereitung war gleich Null. Viele Produkte, wie Tofu und Vanillesojamilch kannte ich schon und konnte sie so einfach in meine Ernährung einbauen. Schwierig war nur, wie gesagt, einen Milchersatz für den Kaffee zu finden. Und Käse habe ich ja einfach weggelassen. Aber ich bin erstaunt wie viele neue, vegane Produkte in den letzten zwei Jahren auf den Markt gekommen sind. Da hat sich wirklich was getan. Dass es jetzt auch vegane Wurst von großen Tiermastbetrieben gibt, hat aber schon einen faden Beigeschmack. Deshalb unterstütze ich das auch nicht.

Mal unter uns: Wie konsequent bist du? Machst du nie eine Ausnahme?
Bisher bin ich sehr konsequent. Es fällt mir aber auch nicht so schwer. Eine winzige Ausnahme mache ich aber schon. Wenn auf der Zutatenliste "Kann Spuren von Milch" enthalten, esse ich das Produkt trotzdem. Man muss die Kirche auch mal im Dorf lassen. (Lacht) 

Was rätst du anderen, die mit dem Gedanken spielen, sich ausschließlich vegan zu ernähren?
Man muss sich vom Gedanken befreien, dass man als kleiner Teil vom Ganzen nichts bewirken kann. Jeder Einzelne zählt. Wenn man bedenkt, wie viel Fleisch ein Deutscher im Jahr isst, könnten doch auch mit ein paar Veganern mehr einige Tiere am Leben bleiben oder auch ein paar Euter geschont werden (lacht).
Mein Rat an diejenigen, die sich für vegane Ernährung interessieren ist: Einfach ausprobieren!

Was müsste sich denn ändern, damit mehr Menschen sich entschließen vegan zu leben?
Das Umfeld des Einzelnen spielt natürlich eine Rolle. Jemand, der nur eingefleischte Grill-Fans als Freunde hat, "traut" sich vielleicht gar nicht, auf Steak&Co. zu verzichten. Und man braucht auch viele Kochideen, damit beim Essen kein "Da fehlt doch was"-Gefühl aufkommt. Aber ändern muss man nur seine Einstellung. Denn auch wenn es zum Beispiel nur wenige Betriebskantinen gibt, die vegane Gerichte anbieten, muss man sich einfach beswusst dafür entscheiden, sein Essen selbst mitzubringen.

Und wenn es einem doch schwerer fällt als gedacht?
Dann kann man sich ja auch zum Beispiel AVAP ernähren, was "as vegan as possible" bedeutet. Also weitgehend vegan zu essen, aber wenn man sich irgendwo befindet, wo es weit und breit keinen veganen Kuchen gibt, einfach einen mit Ei&Co zu verspeisen.
Davon abgesehen plädiere ich einfach dafür, beim Essen und gerade bei tierischen Produkten auf Qualität zu achten. Also die Eier zum Beispiel lieber beim Nachbarn als beim Discounter zu holen.

Ein Blick in die Pfanne verrät, das wird ein gesundes Abendessen.

Wo kaufst du deine Lebensmittel ein?
Meist im Bioladen, aber auch gerne auf den Oldenburger Wochenmärkten. In "meinem" Bioladen steht auf den Preisschildern, ob die Produkte vegan, laktosefrei oder ähnliches sind. Das erleichtert den Einkauf erheblich.

Welche Vorurteile gegenüber Veganer/innen ärgern dich?
Neulich meinte einer zu mir: "Ich hätte lieber schlimme Magenkrämpfe als dass ich eine Tofuwurst essen würde." Da kann ich nur den Kopf schütteln. Selbst wenn viele sagen "Vegan? Naja, jeder so wie er will" ärgere ich mich, weil man dann überhaupt keinen Gedanken an unsere Umwelt verschwendet. Eigentlich würde ich auch gerne viel mehr mein Umfeld versuchen zu missionieren, aber ich halte mich absichtlich zurück. Meine Aufgabe ist einfach die Idee weiterzutragen.
Es gibt ja auch das Vorurteil, Veganer wären mangelernährt, aber ich fühle mich gut, treibe regelmäßig Sport und habe auch gute Blutwerte.

Vegan sein betrifft ja nicht nur die Ernährung. Achtest du auch bei Klamotten und Kosmetik auf nichttierische Produkte oder Inhaltsstoffe?
Bei Kosmetik auf jeden Fall. Da bin ich schon vor längerer Zeit auf reine Naturkosmetik umgestiegen. Bei Klamotten sieht die Sache anders aus. Da fehlen mir noch gute Alternativen zu robusten Lederschuhen und Ledertaschen. Auf echte Seide verzichte ich aber sowieso und auch größtenteils auf (Schafs)Wolle, weil meine Haut die nicht verträgt.
Mittlerweile gibt es soagr Schuhmarken, die explizit damit werben, vegan zu produzieren, zum Beispiel Etnies und Tom's, von denen ich jeweils ein Paar besitze.

Wie steht es um das Angebot für Veganer/innen in Oldenburg?
So wie ich das sehe ganz gut. Wenn man "seine" Cafés und Locations kennt, kann man sich problemlos zum Kuchen oder Essengehen verabreden. Aber auch ohne vorher lange zu recherchieren, wird man häufig bei der asiatischen Küche fündig. Und selbst manche Burgerläden haben heutzutage ein vegetarisches/veganes Angebot.

Du hast ein Hashtag auf Instagram kreiert, um anderen Veganer/innen zu zeigen, wo sie einen #cappuccinomitsojamilchinoldenburg trinken können. In welche Cafés und Restaurants gehst du persönlich gerne?
Essen gehe ich gerne bei Salmon Coco in der Mottenstraße, bei Peter Pane, Veggiemaid, Royals&Rice oder bei Knust. Meinen Kaffee (mit Sojamilch) trinke ich gerne bei Kaffe&Kleid, im Heimathaven oder bei Käthe Kaffee.

Livia informiert auf Instagram andere Veganer*innen in Oldenburg, wo sie ihren Kaffee mit Sojamilch genießen können.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Dass es mehr Veganer gibt. (Pause) Und Weltfrieden. (Lacht)
Nun aber im Ernst. Ich möchte gerne andere inspirieren. Es gibt ein schönes Wort dafür, was ich sein möchte: ein Multiplikator.
  
Genug gequatscht. Jetzt mal Margarine bei die Möhrchen. Was ist dein Lieblingsrezept, das du mit den Blogleser/innen teilen möchtest?
Eigentlich esse ich ja sehr sehr gerne Spaghetti mit selbstgemachtem Pesto, aber da du ja etwas "spannenderes" für den Blog haben wolltest, habe ich mich für Gemüse mit Erdnusssauce und Tofu entschieden. 

Und hier kommt Livias selbst kreiertes veganes Leibgericht:


Viel Spaß beim Nachkochen und danke Livia für das schöne Interview!

Wie steht es mit euch? Lebt ihr vegan/AVAP/vegetarisch/flexitarisch? Was sind eure Erfahrungen? Livia und ich freuen uns über eure Kommentare!

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