Wie geht Foodsharing in Oldenburg // Nachhaltigkeit
23.7.19
Lieber auf den Teller statt in die Tonne?! Auf jeden Fall. Und Anna zeigt uns wie das geht. |
Heute soll es hier auf dem Blog wieder um das Thema "Nachhaltigkeit" gehen und zu diesem Anlass gibt es ein Wiedersehen mit Anna, die ich euch hier schon einmal vorgestellt habe. Anna ist nämlich Foodsaverin und ich habe sie gebeten, doch mal selbst zu erzählen, was das bedeutet und wie auch wir anderen Oldenburger/innen dazu beitragen können, dass in unserer Stadt weniger Lebensmittel weggeschmissen werden.
Die leckeren Dinge auf dem oberen Foto wären nämlich in die Supermarkttonne gewandert, wenn es nicht die Initiative Foodsharing gäbe. Aber lassen wir Anna mal von Anfang an berichten:
Moin, ich bin Anna! Unter dem Motto „kauflos glücklich“
verzichte ich seit über drei Jahren weitestgehend auf Neukäufe. Um Ressourcen
zu sparen kaufe ich – wenn nötig – secondhand. Ansonsten nutze ich Dinge
möglichst lange, repariere, tausche und mache selbst.
Kleidung, Bücher und Elektrogeräte bekommt man überall
gebraucht – aber Secondhand-Lebensmittel? Ja, in gewisser Weise bekomme ich
auch mein Essen gebraucht. Ich bin nämlich Foodsaverin.
Foodsharing – was ist das?
Foodsharing ist eine Initiative, die sich gegen
Lebensmittelverschwendung einsetzt. Deutschlandweit werden jährlich knapp
13 Tonnen Lebensmittel weggeschmissen.* Um diese Zahl zu verringern, werden
Kooperationen mit Lebensmittelbetrieben aller Art aufgebaut. Also z.B. Bäckereien,
Supermärkte, Restaurants, Großküchen, Wochenmarktstände uvm. – es gibt die
spannendsten Kooperationen!
Die Betriebe geben an, wann und wie oft sie Lebensmittel
übrig haben. Das sind z.T. Sachen, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum
erreicht oder schon überschritten wurde, Obst mit kleinen Macken, Brot, das an
dem Tag nicht verkauft wurde oder Saisonware, die im Überfluss geliefert wird.
Als FoodsaverIn kann man sich für Abholungen eintragen und
die Sachen entweder für sich selbst verbrauchen, oder – wenn es zu viel ist – in
einen sogenannten "Fairteiler" stellen. Ein Fairteiler ist meist ein Regal oder auch ein
Kühlschrank, der an einem geschützten, aber öffentlich zugänglichen Ort steht.
In Oldenburg gibt es zwei Fairteiler: Einen im
Kreativ:LABOR bei der Kulturetage und einen in der Uni im AStA-Gang (eine
genaue Beschreibung inkl. Öffnungszeiten gibt es hier: https://www.facebook.com/FairteilerOldenburg/).
Dort kann sich dann jede/r kostenlos bedienen (man muss
dafür nicht bei Foodsharing angemeldet sein!).
Jede und jeder über 18 Jahren. Ein Auto ist bei großen
Abholmengen hilfreich, aber definitiv nicht zwingend erforderlich. Ich
transportiere alles auf meinem Fahrrad (was dann manchmal recht abenteuerlich
ist). Foodsharing Oldenburg hat sogar ein eigenes Lastenrad, das man sich bei
Bedarf ausleihen kann.
Das Wichtigste ist Zuverlässigkeit. Last-minute-Absagen sind
ein No-Go, denn als FoodsaverInnen garantieren wir den kooperierenden Betrieben
eine 100%ige Abholquote.
Wie kann ich mitmachen?
Um FoodsaverIn zu werden, muss man zunächst ein Quiz absolvieren, in dem man unter Beweis stellt, dass man sich mit Foodsharing auseinandergesetzt hat. Auf das Quiz sollte man sich ein bisschen vorbereiten, aber es ist natürlich nicht zu vergleichen mit einer Abiklausur oder so ;)
Wenn man das Quiz bestanden hat, wird man von einer
BotschafterIn aus der Region kontaktiert, der man mitteilt, dass man daran
interessiert ist, Lebensmittel abzuholen. Man bekommt dann Terminvorschläge für
die ersten gemeinsamen Abholungen. Diese Einführungsabholungen sollen die
Möglichkeit bieten, Foodsharing praktisch kennenzulernen.
Nach drei erfolgreichen Einführungsabholungen erhält man
schließlich den Foodsaver-Ausweis und kann sich ab dann selbstständig für die
Abholungen eintragen. Dabei entscheidet man selbst, wo, wann und wie häufig man
Lebensmittel bei einem Betrieb abholen möchte.
Auf diese Weise hat allein das Oldenburger
Foodsharing-Team in den letzten Jahren mehr als 86.800kg Lebensmittel vor der
Tonne bewahrt.
Wie sieht eine typische Abholung aus?
Viele große Kisten mit den unterschiedlichsten
Lebensmitteln. In diesem Fall waren die Sachen vorsortiert, manchmal bekommt
man aber auch gemischte Kisten und muss sich dann erstmal ein Bild davon
machen, was es gibt.
Wer das erste Mal bei einer Abholung dabei ist, ist meist –
zu Recht – schockiert angesichts der riesigen Menge aussortierter Lebensmittel.
Häufig kommt dann die Frage auf: Was soll ich mit dem ganzen Essen machen?
Wie kann man die geretteten Lebensmittel verarbeiten?
Ich habe einfach mal dokumentiert, wie ich das bei dieser Abholung gemacht habe.
Von den geretteten Lebensmitteln habe ich für unseren Zwei-Personen-Haushalt so viel mitgenommen:
(Der Rest wurde unter den anderen AbholerInnen verteilt bzw.
in den Fairteiler gebracht.)
1. Abendessen:
Gebratene Pilze, Fenchel-Lauch-Eintopf, Brot
mit Guacamole
(Das Brot, das ich nicht innerhalb der nächsten Tage essen
konnte, habe ich eingefroren
2. Abendessen: Gebratener Spargel (+Reste vom Vortag)
3. Abendessen:
Flammkuchen mit Ziegenfrischkäse, Aprikosen
und Thymian
4. Abendessen: Ofengemüse aus Pastinaken, Möhren und Rosmarinkartoffeln
5. Abendessen:
Grillfeier mit gegrillter Paprika (+Kartoffelsalat, Grüner Salat, Möhrensalat und Tomatensalat)
Das Obst habe ich größtenteils so gegessen, ein paar Bananen
sind aber noch in ein leckeres Bananenbrot gewandert, und den Rhabarber habe
ich Rhabarber-Kompott und Rhabarber-Apfel-Marmelade gekocht.
Ich find’s einfach klasse, dass ich mir gar keinen großen
Kopf darüber machen muss, was es die Woche über zu essen gibt, sondern einfach
das nehme, was gerade da ist
Wenn Euer Interesse geweckt ist: Kommt gerne mal zum
Foodsharing-Stammtisch (immer am dritten Donnerstag im Monat um 18 Uhr im
Kreativ:LABOR) oder meldet Euch direkt auf der Foodsharing-Seite (https://foodsharing.de)
an!
* Ich könnte ganze Aufsätze darüber schreiben, warum das
furchtbar ist. Aber es soll heute nicht um Kritik am System gehen. Ich möchte
zeigen, was gerade schon tagtäglich passiert, um die Menge an weggeschmissenen
Lebensmittel zu verringern und Mut machen, sich daran zu beteiligen!
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