Auf den Spuren der (Oldenburger) Ahnen // Oldenbürger/innen
17.5.16
Nach den beiden kreativen Damen Andrea und Biene kommt nun der erste Mann in der Kategorie Oldenbürger/innen zu Wort, Jens Walter.
Jens ist Oldenburger. Aber nur zum Teil. In ihm fließt auch ostpreußisches, sächsisches, westfälisches und mecklenburgisches Blut. All das - und noch viel mehr - hat der 49-Jährige in den letzten zehn Jahren beim Durchforsten von Kirchenarchiven, Sortieren alter Familiengeschichten und mithilfe des Internets herausgefunden.
Im Interview berichtet er mir, wie man zum Familienforscher wird und welche (modernen) Quellen man nutzen kann, wenn man seinen Vorfahren auf die Spur kommen möchte.
Lieber Jens, wie bist du auf das Thema Ahnenforschung gekommen und wann hast du damit angefangen?
Jens ist Oldenburger. Aber nur zum Teil. In ihm fließt auch ostpreußisches, sächsisches, westfälisches und mecklenburgisches Blut. All das - und noch viel mehr - hat der 49-Jährige in den letzten zehn Jahren beim Durchforsten von Kirchenarchiven, Sortieren alter Familiengeschichten und mithilfe des Internets herausgefunden.
Im Interview berichtet er mir, wie man zum Familienforscher wird und welche (modernen) Quellen man nutzen kann, wenn man seinen Vorfahren auf die Spur kommen möchte.
Lieber Jens, wie bist du auf das Thema Ahnenforschung gekommen und wann hast du damit angefangen?
Bei uns – und ich glaube das ist bei vielen Familien so – werden und wurden oft Familiengeschichten und teilweise auch Legenden erzählt. Zum Beispiel über Vorfahren, die Hugenotten und/oder Salzburger
Exulanten gewesen sein sollen – beides protestantische
Glaubensflüchtlingsgruppen. Oder, dass Fürst Pückler möglicherweise der Vater
meines Urgroßvaters war.
Irgendwann, so ungefähr vor zehn Jahren, habe ich beschlossen, das vorhandene Wissen, das ja leider sehr vergänglich ist, zu sichern und den Legenden auf den Grund zu gehen.
Irgendwann, so ungefähr vor zehn Jahren, habe ich beschlossen, das vorhandene Wissen, das ja leider sehr vergänglich ist, zu sichern und den Legenden auf den Grund zu gehen.
Interessiert hat mich auch der
Zusammenhang mit geschichtlichen Ereignissen. So gibt es zum Beispiel Wardenburger
in meiner Familie, die im Dreißigjährigen Krieg den Aufmarsch von Tilly vor
Oldenburg erlebt haben müssen oder Sachsen, die nur 50 Kilometer von Leipzig entfernt gelebt
haben als es 1813 zur Völkerschlacht kam.
Gräber von Jens Walters Ururgroßvater und dessen Mutter in Förstgen/Lausitz. Foto: Günter Rapp. |
Wie sahen deine Nachforschungen genau
aus und wo hast du überhaupt gesucht?
Erstmal habe ich natürlich alles gesammelt was schon
da war - Unterlagen, aber noch viel wichtiger:
Erzählungen und Erinnerungen der älteren Familienmitglieder. Bei uns in der
Familie gab es noch einen Ahnenpass, der in der unsäglichen Nazizeit ja
Pflicht war. Dort war dann bis zur Hochzeit meines
Ururururgroßvaters die Linie väterlicherseits vermerkt (unter
Ahnenforscher heißt das übrigens Alturgroßvater – davon hat jeder 32). In der Familie meiner Mutter
gab es schon einen Familienforscher, der die Chronik der Familie Dannemann
– mit den vordigitalen Mitteln sehr aufwendig – zusammengestellt hatte.
Wenn man also solche ersten
Informationen gesammelt hat, kann man mit den Möglichkeiten, die uns heute
mit Internet, Digitalisierung und Vernetzung zur Verfügung stehen, sehr
leicht von zu Hause weiterkommen. Mir, wie eigentlich auch allen
Familienforschern, haben dabei die Mormonen sehr geholfen. In deren Glauben ist verankert,
dass sie Verstorbene nachträglich im rechten Glauben taufen können und um
den Angehörigen ihrer Kirche die Forschungen zu erleichtern, haben die
Mormonen viele Kirchenbücher und Quellen (auch anderer Religionen) verfilmt. Online (bei familysearch.org) kann jeder nach dem richtigen Mikrofilm suchen und
ihn sich auch nach Oldenburg schicken lassen, wo man ihn dann am
Friedhofsweg einsehen kann.
Auf diese Weise bin ich sehr weit zurück gekommen – bis zur Zeit kurz nach dem Dreißigjährigen
Krieg. Der stellt allerdings für viele Familienforscher eine fast unüberbrückbare
Hürde dar, weil durch die Zerstörung - speziell in den deutschen Gebieten - viele
Dokumente verloren gegangen sind.
In Oldenburger Archiven bin ich dann aber auf noch ältere Musterungslisten - aus der Zeit von Graf Anton Günther - gestoßen, in denen auch ein Dannemann „mit einem Speer bewaffnet“ verzeichnet ist.
In Oldenburger Archiven bin ich dann aber auf noch ältere Musterungslisten - aus der Zeit von Graf Anton Günther - gestoßen, in denen auch ein Dannemann „mit einem Speer bewaffnet“ verzeichnet ist.
Eine weitere Hilfe für Familienforscher bieten Plattformen, bei
denen man seinen Stammbaum hinterlegen kann. Der wird dann mit anderen Stammbäumen und weiteren, mittlerweile digitalisierten Unterlagen vernetzt und man bekommt Hinweise auf Übereinstimmungen. Die Oldenburgischen Heirats-, Geburts- und Sterberegister sind zum Beispiel bei
ancestry.de erfasst. Darüber habe ich einen bisher unerfoschten Zweig
der Familie näher untersuchen können, den meiner Großmutter
mütterlicherseits.
Aber bei allen modernen Möglichkeiten: es besteht als Familienforscher auch die absolut Notwendigkeit in den Archiven selber nachzuschauen, da bei der Übertragung ins Digitale ja leider immer Fehler auftreten können.
Aber bei allen modernen Möglichkeiten: es besteht als Familienforscher auch die absolut Notwendigkeit in den Archiven selber nachzuschauen, da bei der Übertragung ins Digitale ja leider immer Fehler auftreten können.
Stammbaum von Jens Walters Großmutter mütterlicherseits bei ancestry.de. Bild: Jens Walter. |
Hast du etwas herausgefunden,
das dich wirklich überrascht hat?
Was aus meiner Forschung gelernt habe, ist, dass Familienlegenden nicht immer stimmen und im Laufe
der Zeit wohl den persönlichen Interpretationen der jeweiligen Erzähler
unterworfen sind.
Dass zum Beispiel Teile meiner
Vorfahren wegen ihres Glaubens flohen, konnte ich bisher nicht
nachvollziehen. Wobei ich sagen muss, dass ich dort in einem Zweig nicht
weiterkomme, weil in Königsberg/Ostpreußen die Spur um ca. 1800 aufhört und
die Hugenotten ja etwa 100 Jahre zuvor aus Frankreich flohen.
Ansonsten gab es einen überraschenden Fall, in
dem der Mann den Namen der Frau angenommen hat, um den entsprechenden
Bauernhof weiterzuführen – es hat sich aber herausgestellt, dass beide
denselben Urgroßvater hatten. Der Bauernhof blieb also in jedem Fall „in der Familie“.
Wie weit reicht dein aktueller Stammbaum, den du über all die Jahre nun erstellt hast zurück?
Wie weit reicht dein aktueller Stammbaum, den du über all die Jahre nun erstellt hast zurück?
Das ist je Zweig sehr
unterschiedlich – ein urgoßmütterlicher Zweig – Stöver – geht bis ins Jahr
1430 nach Jever zurück. Der mütterliche Zweig Dannemann ins beginnende 16.
Jahrhundert nach Wardenburg.
Väterlicherseits geht’s nur bis
Ende des 17. Jahrhunderts – da ist aber noch Potential, wenn ich die Zeit
erübrigen könnte, nach Magdeburg ins Archiv zu fahren.
Jeden gefundenen Vorfahren trägt der Oldenburger Ahnenforscher in seinen großen Stammbaum ein. Bild: Jens Walter. |
Wann sind deine Vorfahren nach Oldenburg/ins Oldenburger Land gezogen?
Der väterliche Zweig meiner
Familie gar nicht oder besser gesagt erst in den 1950ern, mit meinem Vater. Die Herren der
Familie Walter waren ziemlich rastlos – als Bergleute sind sie der Arbeit
hinterhergezogen (vom Südharz nach Minden, durch das Ruhrgebiet bis nach
Mecklenburg). Dass sie so viel rumgekommen sind, hat meine Familienforschung übrigens,
abgesehen vom nicht wirklich seltenen Namen, häufig erschwert.
Der mütterliche Zweig ist schon
ewig im Oldenburger Land. Der Hof Dannemann wird in Westerburg/Wardenburg
auch heute noch von einer Familie Dannemann betrieben.
Gibt es einen Familienzweig
über den du nichts rausfinden konntest? Wenn ja, warum?
Es ist leider schwierig
Informationen zu bekommen, wenn es um Gebiete geht, die gegen Ende des Zweiten
Weltkriegs umkämpft waren und aus denen die Deutschen fliehen mussten. Da
sind viele Unterlagen (aus Pommern, Schlesien, Ostpreußen,...) verloren
gegangen. Erst in letzter Zeit öffnet Polen auch da Archive von noch
erhaltenen Kirchenbüchern deutscher Herkunft.
Hast du deine Ahnensuche
schon abgeschlossen oder forschst du weiter?
Abgeschlossen ist es eigentlich
nie. Durch die immer weiter fortschreitende digitale Erfassung der Archive
kann man immer neue Ansätze finden. Und auch der Weg zurück aus der
Vergangenheit ist interessant. Damit meine ich die Geschwister meiner Ahnen und deren Nachkommen.
Na dann scheint es dir ja so schnell nicht langweilig zu werden ;) Vielen Dank für diesen Einblick in die private Ahnenforschung, Jens!
Und was ist mit euch? Habt ihr euch schon Gedanken über eure Vorfahren gemacht? Sind eure Ahnen auch so viel herum gekommen oder stammt ihr aus einer alteingesessenen (Oldenburger) Familie?
Ich weiß jetzt jedenfalls, dass ich umgehend meine Großtante interviewen muss, wenn ich irgendwann mal Ahnenforschung betreiben möchte, damit ich dann eine gute Grundlage für die Archiv- und Internetrecherche habe.
Na dann scheint es dir ja so schnell nicht langweilig zu werden ;) Vielen Dank für diesen Einblick in die private Ahnenforschung, Jens!
Und was ist mit euch? Habt ihr euch schon Gedanken über eure Vorfahren gemacht? Sind eure Ahnen auch so viel herum gekommen oder stammt ihr aus einer alteingesessenen (Oldenburger) Familie?
Ich weiß jetzt jedenfalls, dass ich umgehend meine Großtante interviewen muss, wenn ich irgendwann mal Ahnenforschung betreiben möchte, damit ich dann eine gute Grundlage für die Archiv- und Internetrecherche habe.
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